SRG-Halbierungsinitiative: Urner bangen um Kanton

Uri,
Die Halbierungsinitiative will der SRG die Hälfte der Gebührengelder streichen. Urner Parlamentarier sehen schwarz für ihren Kanton.

Das Wichtigste in Kürze
- «Uri verschwindet von der Bildfläche», warnt der Urner Mitte-Nationalrat Simon Stadler.
- Mit Annahme der SRG-Initiative müssten die meisten ihrer Standorte schliessen, so die SRG.
- «Völlig an den Haaren herbeigezogen», finde SVP-Nationalrat Thomas Knutti.
Sauste der Sparhammer auf die SRG nieder, würde es den Kanton Uri hart treffen. Davon ist Mitte-Nationalrat Simon Stadler überzeugt.
Die SRG-Halbierungsinitiative fordert, die Gebühren von 335 Franken auf 200 Franken zu senken.

«Wird die SRG-Initiative angenommen, verschwindet Uri von der Bildfläche», warnt Simon Stadler gegenüber Nau.ch. Dasselbe drohe auch anderen kleinen Kantonen.
Urner brauchen «Landfrauenküche»
Stadler amtet auch als Co-Präsident der Allianz Pro Medienvielfalt. Das SRF übernehme im Fernsehen und Radio eine wichtige Funktion für den Kanton Uri, sagt er. Von lokalen Unterhaltungsformaten profitiere der Kanton, sagt Stadler.
Er nennt die Serie «SRF bi de Lüt – Hüttengeschichten». «Dort werden zum Beispiel die zahlreichen Urner SAC-Hütten gezeigt.» Zudem förderten solche Serien das Verständnis zwischen Stadt und Land.
Dies gelte zum Beispiel auch für «SRF bi de Lüt – Landfrauenküche». «Man sieht, wie die Menschen bei uns leben und welche Bedürfnisse sie haben.»

Ähnlich verhalte es sich mit Formaten wie «Donnschtig-Jass» oder wenn ein Urner Schwingfest übertragen werde.
«Dort sind wir ihnen gleichgültig»
Dank SRF bekommen laut Stadler auch regionale Nachrichten aus Uri eine Plattform.
«Ansonsten kommen wir in den Medien nicht vor», sagt Stadler. «Ausser bei einem Skandal». Gleich verhalte es sich bei einem Unfall auf der Autobahn. «Oder wenn uns nach einem Unwetter das Wasser bis zum Hals steht.»
Zu dieser Behauptung veranlasst ihn der Standort der grossen Medienhäuser.
«Sie befinden sich in den Städten – vor allem in Zürich. Dort sind wir ihnen gleichgültig», behauptet er. Gleichzeitig seien die lokalen Urner Medien stark geschrumpft und stünden unter Kostendruck, was die lokale Berichterstattung einschränke.
«In den 90er-Jahren hatten wir noch rund vier Zeitungen, jetzt ist es noch eine, die in Uri produziert wird.»
Kahlschlag bei SRG vor Initiative
Kürzlich warnte SRG-Generaldirektorin Susanne Wille vor einer Annahme der Initiative. 800 Millionen Franken würde diese dem Mediensystem entziehen, sagte sie.
Am Montag kündigte die SRG zudem einen weiteren Kahlschlag an. Bis 2029 muss das Medienhaus rund 270 Millionen Franken einsparen.

Aktuell zählt die SRG sieben Haupt- und 17 Regionalstudios. Diese befinden sich in Zürich/Schaffhausen, Basel-Stadt/Basel Land, der Ostschweiz/Graubünden, in Aargau/Solothurn, der Zentralschweiz sowie Bern/Fribourg/Wallis.
Simon Stadler sagt: «Es ist klar, dass die SRG mit der Hälfte der Gebühren nicht mehr genügend Regionalstudios betreiben kann.» Der Kanton Uri und andere kleine Kantone blieben deshalb künftig ausser vor, befürchtet er.
«Weniger bevölkerte Gebiete leiden»
Der Urner FDP-Ständerat Josef Dittli teilt Stadlers Meinung.
«Hat die SRG nur noch die Hälfte der Serafe-Gebühren, leiden weniger bevölkerte Gebiete zwangsläufig», sagt Dittli zu Nau.ch. Sowohl im Fernsehen als auch im Radio würde die Berichterstattung über diese Kantone untergehen.
Dittli pocht auf den Service Public. «Auch wir haben ein Kantonsparlament und eine Regierung», sagt er.
«Auf Kosten der Randregionen über jede Demo zu berichten, an der zwei Dutzend Leute irgendetwas nachbrüllen, ist kein Service Public.»
«Es kam nur ein Reporter mit einer Kamera»
Nur den Kopf schütteln kann SVP-Nationalrat Thomas Knutti. Er ist Unterstützer der SRG-Initiative.
«Diese Befürchtungen sind völlig an den Haaren herbeigezogen», sagt er zu Nau.ch. Das SRF habe auch mit der Hälfte der Serafe-Gebühren den Auftrag, alle Regionen gleich abzudecken.

Möglich ist dies laut Knutti, wenn SRF zum Beispiel beim Personal spart. Kürzlich habe ein Regionalsender bei ihm im Berner Oberland gedreht, sagt er.
«Es kam nur ein Reporter mit einer Kamera.» Trotz weniger Personal habe der Beitrag mit den ressourcenintensiveren Beiträgen von SRF gut mithalten können.
«Passiert nicht gleich viel Spannendes»
Für die Klagen, dass der Kanton Uri in der Berichterstattung allgemein untergehe, hat Knutti kein Verständnis.
«Im Kanton Uri passiert in Tat und Wahrheit nicht gleich viel Spannendes wie in den Ballungszentren Zürich und Bern.» Dass Uri wegen der Halbierungsinitiative von der Bildfläche verschwinden würde, sei typische Angstmacherei.
Zu kurz kommt seiner Meinung nach hingegen schon lange die nationale Berichterstattung. «Es besteht eine Überdosis an Informationen aus dem Ausland.»
Grosses Korrespondentennetz
Dem widerspricht das Schweizer Radio und Fernsehen. Rund 90 Mitarbeitende berichten bei SRF täglich aus den Regionalredaktionen von den verschiedenen Standorten in der Deutschschweiz.
Eine Sprecherin sagt zu Nau.ch: «SRF bietet eine umfassende regionale Berichterstattung in verschiedenen Formaten für Radio, Fernsehen und Online an.»
Zudem betreibt SRF laut der Mediensprecherin ein Korrespondentennetz von Journalistinnen und Journalisten. Diese berichteten ebenfalls direkt aus den verschiedenen Regionen der Schweiz.
Für die Kantone Uri, Luzern, Zug, Schwyz, Obwalden und Nidwalden ist die Regionalredaktion Zentralschweiz zuständig.
So deckt SRF Lokales ab
Die Regionalredaktionen sind verantwortlich für das jeweilige «Regionaljournal» in ihrer Region.
«Fünfmal täglich berichten die sieben Regionaljournale auf Radio SRF 1 über lokale Themen», sagt die Mediensprecherin. Dies aus Politik, Wirtschaft, Kultur, Sport und Gesellschaft.
Formate wie die Radiosendung «Regional Diagonal» böten zudem täglich eine überregionale Einordnung von lokalen Themen.
«Daneben liefern die Journalistinnen und Journalisten aus den Regionalredaktionen Beiträge und Artikel für nationale News-Formate», sagt die Mediensprecherin. Als Beispiel nennt sie die Sendungen «Echo der Zeit», «Schweiz aktuell», «10 vor 10» oder die SRF-News-App.
«So erfährt die Schweizer Bevölkerung aus erster Hand, was in den Kantonen und Regionen passiert.»
«Es gäbe deutlich weniger Regionaljournalismus»
Die SRG bestätigt, dass die Halbierungsinitiative Folgen für die regionale Berichterstattung hätte.
«Die SRG wäre mit der Hälfte ihres Budgets ein ganz anderes Unternehmen als heute», sagt eine Mediensprecherin.
Mit einer starken Kürzung des Budgets käme die SRG betriebswirtschaftlich nicht umhin, massiv zu zentralisieren. «Und die meisten ihrer Standorte zu schliessen.»
Damit gäbe es deutlich weniger Regionaljournalismus, sagt die SRG-Sprecherin. «Wir müssten viel stärker aus den Zentralen berichten.» Die SRG müsste ihr Angebot drastisch reduzieren, und zwar in praktisch allen Bereichen.
Dies hätte laut SRG weniger Produktionen vor Ort in den Regionen, mehr Zentralisierung und eine Schwächung der Regionen zur Folge.
Konkret bedeute dies eine Schwächung der Sichtbarkeit, der Vielfalt und der Arbeitsplätze. «Dies wirkt sich besonders nachteilig auf die Sprachminderheiten und Randregionen aus.»














