Glaubenberg LU: Streit in Bundesasylzentrum eskaliert
Obwalden 23.06.2023 - 11:40
Afghanen bedrohen Kurden im Bundesasylzentrum Glaubenberg LU. Ein Verein warnt – kurz später eskaliert die Situation in einer Schlägerei mit 60 Personen.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine kurdische Organisation bemängelt den fehlenden Schutz in Bundesasylzentren.
- In Glaubenberg LU eskalierte ein Konflikt zwischen Afghanen und Kurden.
- Gewaltvorfälle können derzeit trotz Bemühungen nicht ausgeschlossen werden.
1500 Meter über Meer befindet sich das Bundesasylzentrum (BAZ) in Glaubenberg. Der Pass verbindet die beiden Kantone Luzern und Obwalden. Die Zustände sind problematisch: Zwischen Asylsuchenden kommt es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen.
Die demokratische Gesellschaft der Kurden und Kurdinnen in der Schweiz (CDK-S) schreibt in einem Brief an das Staatssekretariat für Migration (SEM): Eine Eskalation habe sich abgezeichnet. Flüchtlinge werden von der Dachorganisation kurdischer Vereine unterstützt bei der Integration.
Asyl-Mitarbeitende seien von Vereinsmitgliedern immer wieder darauf hingewiesen worden, dass kurdische Asylsuchende von Afghanen bedroht würden. Die numerisch klar unterlegenen Kurden hätten trotzdem keinen Schutz erhalten und sich im Zimmer einsperren müssen.
Ende Mai eskaliert die Situation komplett.
60 Personen in gewalttätige Auseinandersetzung vermittelt
Am 26. Mai kommt es zu einem massiven Streit: 60 Personen waren involviert, so das SEM, Messer und fliegende Stein waren im Spiel. Ein Kurde musste sich in Spitalpflege begeben, weil ihm ein Stein ans Auge flog. Wie CH Media berichtet, hat sich das Opfer von den Verletzungen erholt.
CDK-S-Co-Präsident Hüseyin Mamakli: «Die Asylzentren dürfen nicht zu Orten werden, an denen Asylsuchende um ihr Leben bangen müssen.»
Weshalb zwischen den Afghanen und Kurden Streit herrscht auf dem Glaubenberg und ob er möglicherweise mit politischen Ansichten zu begründen ist, weiss Mamakli nicht. 1991 kam der 53-Jährige selbst aus der Türkei als Asylsuchender in die Schweiz. Mittlerweile ist er Nationalratskandidat der Grünen in Zürich.
Derzeit sind die 10'000 Plätze in Bundesasylzentren bis zur Hälfte besetzt. Menschen mit unterschiedlichen Kulturen und Religionen treffen aufeinander. Zusätzlich sind Bewegungsfreiheit eingeschränkt, ebenso gestaltet sich der Alltag aus Warten, bis ein Entscheid gefällt wird von den Institutionen. Bis dahin ist das Bleiberecht der Betroffenen unsicher – diese Umstände führen natürlicherweise zu Spannungen.
Polizei rückt fast täglich aus
Das SEM registrierte bis Ende Mai dieses Jahres 132 Tätlichkeiten in Bundesasylzentren, fast täglich rückt die Polizei wegen Gewalt aus. 369-mal deeskalierte die Polizei die Lage vor Ort, 1944-mal schritt der Sicherheitsdienst ein, um Konflikte zwischen Gruppierungen zu beenden. Durch neue Präventionsmassnahmen des SEM hat sich die Lage in den letzten Monaten eher entspannt.
Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider lobte die Krisenintervention in ihrer Stellungnahme. Die Sicherheitsmitarbeitenden seien umgehend eingeschritten und hätten in enger Zusammenarbeit mit den Betreuenden zunächst alle Personen in Sicherheit gebracht, die nicht am Streit beteiligt gewesen seien. Aber: «Trotz aller Massnahmen und Bemühungen aller Beteiligten können Gewaltvorfälle leider nicht ausgeschlossen werden.»