Erster Schweizer Passagierzug fährt teilautomatisch – Kritik

Die S31 der Südostbahn fährt schon bald mit einem automatisierten Fahrassistenzsystem. Bei der Lokführergewerkschaft sorgt das für Kritik.

Das Wichtigste in Kürze
- Die Südostbahn testet den Einsatz automatisierter Fahrassistenzen im Linienverkehr.
- Laut der Gewerkschaft wird die Arbeit der Lokführer so noch monotoner.
- Das beeinträchtige deren Aufmerksamkeit.
Ab Mitte Juni oder Anfang Juli testet die Schweizerische Südostbahn AG (SOB) ein automatisiertes Fahrassistenzsystem.
Betroffen ist die S-Bahn-Strecke zwischen Biberbrugg SZ und Arth-Goldau SZ. Es handelt sich um den ersten solchen Test im Normalbetrieb auf einem offenen Bahnnetz mit Passagierzügen in der Schweiz.
Der Versuch soll ein Jahr dauern. Die SOB betont, für die Fahrgäste der S31 werde sich nichts am gewohnten Reisen ändern.
«Die Züge werden weiterhin von erfahrenem Lokpersonal geführt», heisst es in einer Mitteilung. Das automatisierte System unterstütze das Lokpersonal bei Routineaufgaben. Wie zum Beispiel dem Einhalten von Tempovorgaben, Beschleunigen, Bremsen oder Anhalten.
Das sei vergleichbar mit Assistenzsystemen wie Tempomaten im Auto. Die Technologie sei über Jahre entwickelt und intensiv getestet worden. Sie erfülle alle sicherheitsrelevanten Anforderungen und ist auf den Einsatz im Alltag ausgelegt.
Das Bundesamt für Verkehr (BAV) hat der SOB kürzlich grünes Licht für die automatisierte Fahrassistenz im Linienbetrieb gegeben.
Der einjährige Praxistest soll nun zeigen, wie Automatisierung den Bahnverkehr effizienter und zukunftsfähiger macht.
Gewerkschaft bemängelt monotone Arbeit
Der Verband Schweizer Lokomotivführer (VSLF) sieht das allerdings kritisch, wie «Tamedia» berichtet. Die Arbeit der Lokführerinnen und Lokführer werde durch den Einsatz der Assistenzsysteme noch monotoner.
Und anders als im Auto gibt es in den Assistenzsystemen der Bahn weder Kameras noch Radar.
Heisst: Bei unvorhersehbaren Ereignissen muss der Lokführer eingreifen und die Notbremsung einleiten. Zum Beispiel, wenn eine Kuhherde sich auf die Gleise verirrt.
Durch die monotone Arbeit werde die Aufmerksamkeit der Lokführer beeinträchtigt, bemängelt der Verband. «Dass gleichzeitig die volle Verantwortung für die sichere Führung eines Zugs beim Lokpersonal bleibt, ist risikoreich», sagt VSLF-Präsident Raoul Fassbind.
Assistenzsysteme sollen laut Bahn Personal entlasten
Die SOB sieht die automatisierten Fahrassistenzen hingegen als Entlastungsmöglichkeit für das Personal «bei mindestens gleichem Sicherheitsniveau».
Es gebe nämlich Situationen, in denen der Stress und der zeitliche Druck beim Lokpersonal hoch seien. Zum Beispiel «auf anspruchsvollen Strecken mit vielen Geschwindigkeitswechseln und Steigungen».
Laut SOB-Chef Armin Weber beurteile die Südostbahn den Einsatz der Assistenzsysteme weder als risikoreicher noch als unattraktiv für das Lokpersonal.
Um der Monotonie entgegenzuwirken, bleibe der Lokführer für das Öffnen der Türen an den Haltestellen verantwortlich. Zudem überwache er das Ein- und Aussteigen und aktiviert das Assistenzsystem wieder für die Weiterfahrt.