Claude Longchamp: So kann Gerhard Pfister Bundesrat werden

Matthias Bärlocher
Matthias Bärlocher, Nico Leuthold

Region Zug,

Gerhard Pfister tritt als Mitte-Präsident zurück. Bundesrats-Ambitionen werden ihm nachgesagt. Politologe Claude Longchamp sieht durchaus Chancen.

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Politologe Claude Longchamp über die Wahrscheinlichkeit eines Bundesrats Gerhard Pfister – und wie dies der Mitte-Präsident fast sicher schaffen könnte. - Nau.ch/Nico Leuthold

Das Wichtigste in Kürze

  • Mitte-Präsident Gerhard Pfister tritt im Sommer als Parteipräsident zurück.
  • Was hat es mit seinen angeblichen Bundesrats-Ambitionen auf sich?
  • Politologe Claude Longchamp skizziert die Szenarien bis zum fast sicheren Erfolg.

«Es war zweifelsfrei ein Überraschungs-Coup», attestiert Politologe Claude Longchamp dem Noch-Präsidenten der Mitte-Partei, Gerhard Pfister. Vor einem Jahr erst als Parteipräsident wiedergewählt, kündigt dieser am Montag an: Im Sommer ist Schluss.

… weil er Bundesrat werden will, komplettierten praktisch alle Polit-Insider in Gedanken und in den Kommentarspalten. Doch der Rückzug aus dem Präsidium könne immerhin auch andere Gründe haben, gibt Claude Longchamp zu bedenken: Dass im Moment schwierige Dossiers anstehen. Dass Pfister im Clinch ist zwischen der Funktion als Modernisierer und den konservativen Mitte-Ständeräten.

«Bundesrat Pfister» wäre nach Wahlsieg 2027 praktisch unvermeidbar

«Es kann aber auch sein, dass er sich einfach sagt: Als Nicht-mehr-Parteipräsident bin ich freier, wenn ich noch Weiteres anstreben will.» Denn in seinem Communiqué töne Pfister es schon an, gibt Longchamp zu bedenken: Er behalte sich vor, für weitere Ämter zu kandidieren.

Rücktritt Gerhard Pfister
Mitte-Präsident Gerhard Pfister packt seine Sachen zusammen, nachdem er seinen Rücktritt als Parteipräsident auf Sommer 2025 bekannt gegeben hat, am 6. Januar 2025 in Bern. - keystone

«Das kann heissen Ständerat des Kantons Zug – das wäre dann die kleine Variante.» Die grosse Variante wäre dann tatsächlich, dass Pfister gerne als Bundesrat kandidieren würde. Und, so Longchamp, «nach einem Wahlsieg 2027 praktisch unvermeidbar wäre».

Kaum Gründe, Pfister nicht zu wählen

Das Parlament jedenfalls würde Gerhard Pfister in den Bundesrat wählen, glaubt Politologe Longchamp. Auch wenn Pfister immer wieder aneckt.

Doch das Parlament sehe wohl seine bürgerliche Grundorientierung und vor allem: «Er ist ein ausgezeichneter Kommunikator. Das täte im Übrigen dem Bundesrat gut.»

Wäre Gerhard Pfister ein guter Bundesrat?

Pfister politisiere gerne und mit Verve, stellt Claude Longchamp fest, und nehme sich auch schwieriger Themen an. Er könne sich den Mitte-Präsidenten gar in verschiedenen Departementen gut vorstellen. Sicher als Aussenminister, aber auch innenpolitisch in verschiedenen Dossiers.

Rechtsbürgerlicher Gegenwind

«Es gibt nicht viele Gründe, Gerhard Pfister nicht zu wählen», bilanziert der Politologe. Man sage zwar, dass in der Regel der Angepassteste gewählt werde. «Das ist er definitiv nicht», räumt Longchamp ein. Das könne Gegenstimmen aus der SVP geben.

Thierry Burkart Gerhard Pfister
FDP-Präsident Thierry Burkart, rechts, spricht mit Mitte-Präsident Gerhard Pfister, an der Jahresversammlung von Economiesuisse, zum Thema «Wahlen 2023: Perspektiven statt Wunschdenken!», am 8. September 2023 im Kongresshaus in Zürich. - keystone

Aus der FDP drohten allenfalls Schwierigkeiten, weil Pfister in Konkurrenz stehe zu Thierry Burkart, dem FDP-Präsidenten. Aber: «Für mich überwiegen eindeutig die Stärken, die Vorteile von Gerhard Pfister.»

Das werde wohl auch im Parlament entscheidend sein. Mit einem grossen Vorbehalt: Wir wissen nicht, in welcher Konstellation dieser allfällige Antritt als Bundesratskandidat wäre.

Das optimale Szenario

Folgende Faktoren müssten gemäss Claude Longchamp zusammenkommen, damit auch er sage: «Es ist gelaufen.» Die Kandidatur müsste 2027 erfolgen, unter der Bedingung, dass es einen Wahlsieg gibt für die Mitte-Partei.

Das heisst, dass sie die FDP auch in der Wählerstärke überholt und im Ständerat die stärkste Vertretung ist. «Und Gerhard Pfister hätte als Parteipräsident zu diesem Erfolg beitragen müssen.» Dann könnte die Mitte Anspruch auf gleich zwei Bundesratssitze erheben, wovon einer dann de facto für Pfister reserviert wäre.

Ana Maria Crnogorčević Viola Amherd
Nati-Spielerin Ana Maria Crnogorčević posiert mit Sportministerin Viola Amherd, am 1. Dezember 2023 nach dem Sieg der Nationalmannschaft gegen Schweden. - keystone

Nur sei es durchaus plausibel, dass Mitte-Bundesrätin Viola Amherd während der Legislatur zurücktrete. Nach der Fussball-EM der Frauen diesen Sommer in der Schweiz sei der beste Moment dazu, findet Claude Longchamp.

Dann könne Amherd sagen: «‹Politisch habe ich erreicht, was ich wollte, jetzt kommen nur noch Schwierigkeiten.› Auch vom Alter her, von der Amtsdauer her.» Es komme aber darauf an, ob nur Amherd zurücktrete oder gleichzeitig die FDP ihren Bundesratssitz vor den Wahlen sichern wolle.

Dann könnte die Mitte keinen Wahlsieg vorweisen – «eine wichtige Voraussetzung», so Longchamp, für den Anspruch auf zwei Mitte-Sitze. Im Zweikampf mit der FDP müsse die Mitte dann aber primär ihre eigene Bewerbung verteidigen und könne nicht noch angreifen.

Was hat sich Gerhard Pfister dabei gedacht?

Solche Szenarien dürfte auch Gerhard Pfister selbst durchgespielt haben – und hat trotzdem seinen Rücktritt schon jetzt angekündigt. «So muss man auch überlegen: Gibt es einen Grund, warum es für ihn einfacher wird, Bundesrat zu werden?» Für Politologe Longchamp lautet die Antwort Ja.

Parteipräsident Gerhard Pfister spricht am Dreikönigsgespräch der Mitte-Partei, am 6. Januar 2025 in Bern.
Parteipräsident Gerhard Pfister spricht am Dreikönigsgespräch der Mitte-Partei, am 6. Januar 2025 in Bern. - keystone

Als amtierender Parteipräsident würde Pfister fast sicher darin scheitern, zwei Bundesratssitze zu erreichen. «Als ehemaliger Parteipräsident kann er viel freier sagen: Ich erfinde mich einfach neu.»

Ein neuer Geri Pfister, mit Fähigkeiten, mit Kompetenzen. Und – «vielleicht mit Abstrichen beim Alter» – allen Voraussetzungen, um ein wirkungsvoller Politiker im Bundesrat zu werden, so Longchamp. «Das halte ich durchaus für eine Überlegung, die er sich gemacht hat.»

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