SBB: Renitente Passagierin beisst Kontrolleurin
Luzern 25.12.2024 - 08:08
In einem Intercity-Zug von Lugano nach Basel kam es am Montagabend zu einer Attacke auf eine Mitarbeiterin der SBB. Dabei flogen die Fäuste.
Das Wichtigste in Kürze
- Am Montagabend attackierte eine SBB-Passagierin eine Zugbegleiterin.
- Sie schlug dabei mehrmals auf ihren Kopf ein und biss der Zugbegleiterin gar in die Hand.
- Es kam in Bellinzona TI zu einem Einsatz der Transportpolizei.
Montagabend im Tessin: Nau.ch-Leser Fabian R.* (22) reist aus seinen Ferien in Florenz zurück nach Luzern.
In Lugano besteigt er den Intercity-Zug der SBB, der bis nach Basel fährt. Es ist der Letzte, der noch Richtung Deutschschweiz fährt.
In Bellinzona kommt es zu einer ungewöhnlich langen Pause. Fabian R. schaut aus dem Fenster, fragt sich, warum der Zug nicht weiterfährt.
Auf dem Perron erblickt er die Transportpolizei der SBB. «Sie führte gerade eine grosse und stämmige Zugpassagierin mit Koffer ab», erzählt er. Die Frau wirkt ruhig, geht ohne Zwang mit den Beamten mit.
Ein anderer Polizist spricht mit einer Zugbegleiterin, die wild gestikuliert. Sie sieht ziemlich mitgenommen aus, wie der Leser sagt.
Fabian R. fragt sich: «Was ist wohl passiert?»
«Hat mir mit der Faust dreimal gegen den Kopf geschlagen»
Eine Frage, die sich kurz darauf beantwortet. Denn: Die Zugbegleiterin steigt just in den Wagen ein, in dem Fabian R. sitzt. Und erzählt am Telefon eine unglaubliche Geschichte!
«Ich bin gerade von einer Passagierin angegriffen worden. Sie hat mir mit der Faust dreimal gegen den Kopf geschlagen und mich gebissen!»
Zum Biss sei es laut dem Telefonat gekommen, als die von Fabian R. als zierlich beschriebene Zugbegleiterin schützend eine Hand vor ihr Gesicht gehalten habe.
Polizei rät zu Arztbesuch – Zugbegleiterin arbeitet weiter
«Die Polizei hat mir geraten, sofort zum Arzt zu gehen», berichtet die Zugbegleiterin am Telefon. Aber das gehe nicht, sie müsse schliesslich noch nach Basel fahren.
Dass es zu einem Angriff auf eine Zugbegleiterin gekommen ist, bestätigt Nau.ch gegenüber auch die SBB. Man könne aber keine weiteren Angaben zu der Attacke machen.
Zum Gesundheitszustand der Zugbegleiterin will der Mediensprecher der SBB, Reto Schärli, nichts sagen: «Wir äussern uns nicht im Detail. Aber wir verurteilen Angriffe auf unser Personal.»
Täterin fährt weiter im Zug mit
Zurück nach Bellinzona: Dort versucht mittlerweile der Arbeitskollege der attackierten Zugbegleiterin, sie zu einem Arztbesuch zu bewegen.
Vor allem wegen des Bisses müsse sie sich spätestens nach Ankunft in Basel untersuchen lassen.
Daran will die Zugbegleiterin in diesem Moment aber nicht denken.
Denn, so Fabian R.: «Sie hat sich nur dafür interessiert, dass sie im Zug nicht mehr nach vorne gehen muss.»
Der Grund: die Frau, die die Zugbegleiterin attackiert hat, sitzt ebenfalls wieder im Zug!
«Darüber habe ich mich sehr gewundert», so Fabian R. Er vermutet, dass man die Frau wieder hat einsteigen lassen, weil es der letzte Zug in die Deutschschweiz war.
Angriff kam aus dem Nichts
Im Gespräch mit dem zweiten Zugbegleiter, das Fabian R. mithört, erzählt die Zugbegleiterin ausserdem, dass sie aus dem Nichts angegriffen worden sei. Sie könne sich nicht erklären, warum die Frau so ausgerastet sei.
Um sich abzusichern, fragt sie bei ihrem Kollegen mehrmals nach: «Du hast es ja gesehen, oder? Ich habe nichts gemacht, ich habe sie nicht angefasst.»
«Ja, ich habe gesehen, wie sie dich geschlagen hat», so ihr Kollege, der auch mitgenommen wirkt. Er bestätigt ihr, dass die Eskalation von der Passagierin ausgegangen ist.
Ein Angriff wie dieser ist keine Seltenheit. Aus diesem Grund hat die SBB im November auch eine Kampagne ins Leben gerufen. Sie soll sensibilisieren für Gewalt gegen das Zugpersonal.
Denn: Täglich kommt es zu etwa zehn verbalen und physischen Attacken auf Mitarbeitende der SBB.
Zugbegleiterin der SBB hat Beulen am Kopf
«Als ich in Luzern ausgestiegen bin, habe ich die Zugbegleiterin gekreuzt. Sie wirkte bleich und hatte deutliche Beulen an der Stirn», schildert Fabian R. gegenüber Nau.ch.
Er habe sich gefragt, ob es sinnvoll sei, dass die Zugbegleiterin weiterarbeite. «Sie stand offensichtlich unter Schock, was ich gut verstehen kann.»
«Ich hoffe, dass es ihr gut geht und dass sie sich ein paar Tage freinehmen konnte», so der Nau.ch-Leser.
«Dass Zugpersonal angegriffen wird, war mir bekannt. Aber dass es dabei zu solchen Attacken kommt, hat mich geschockt.»
* Name der Redaktion bekannt.
*Name der Redaktion bekannt